Mette Asta Thiessen

geb. in Aalborg, Dänemark

Diplom, Freie Kunst

HfbK Hamburg, 2006

Ausstellungen

2023

Relation. 8. Salon, Hamburg

2023

Fantomas. 8. Salon, Hamburg

2022

Alliance. Residenz der isländischen Botschafterin, Berlin

2021

Folded Bodies. Hilbertraum, Berlin

2021

Female Geistergalerie. Ausstellungsraum Fatale, Hamburg

2019

Wald. Frise – Künstlerhaus Hamburg

2019

Und ich trank unverzüglich – Bemerkungen angesichts des Unvermeidbaren. Festschrift anlässlich des 65. Geburtstags von Werner Büttner, Feinkunst Krüger, Hamburg

2018

Transitio. Poolhaus Blankenese, Swing by

2017

Skulpturen Projekte, 8. Salon, Hamburg

2014

MiniAnimism. Friendsandloversinunderground, Kling & Bang Gallerie, Reykjavik

2014

Kunstepedemie Büttner und Scolari. Feinkunst Krüger, Hamburg

2013

Irgendwo ein Platz. Einstellungsraum, Hamburg

2013

People all call her Alaska. Frappant e.V, Hamburg

2013

All my clean Friends and Lovers. Esther Eppstein/Message Salon/Perla Mode, Zürich

2011

#2: Destillat. Übersetzung/Auflösung. Friendsandloversinunderground, Hamburg

2008

Wir nennen es Hamburg. Kunstverein, Hamburg

2008

Present, perfect, portraits. Martin Asbæk projects, Kopenhagen

2007

Bewerberinnen für das Hamburg Stipendium, Kunsthaus Hamburg

2007

Maiden. Künstlerhaus Lauenburg

2007

Wir sind wieder wer. Harburger Kunstverein

2007

Kein Zeichnung, kein Zeichner. Kunstverein Rügen

2007

Gegen die Wand. Galerie b2, Leipzig

2006

Passage. Trottoir, Hamburg

2005

Frise Künstlerhaus Hamburg

2005

Tegn. Martin Asbæk projects, Kopenhagen

2004

Wer sich immer strebend bemüht. Galerie Adamski, Aachen

2004

Sammlung Taubenstrasse, Kunsthaus Hamburg

2003

Western. Charlottenborgs Herbstausstellung, Kopenhagen

2003

Recession, 99 $ show. Cynthia Broan gallery, New York

Stipendien

2022

Neustart Kultur 2, Stiftung Kunstfonds

2003

Leistungsstipendium für ausländische Studierende, HfbK Hamburg

Eigenständige Publikation

2006

Komparsen. Mette Thiessen/Gudny Gudmundsdottir, Textem Verlag, Hamburg

Beiträge in Katalogen und Künstlerbüchern

2019

und ich trank unverzüglich. Hrsg. Daniel Thurau, Salzverlag, Berlin

2018

Swing by 3. Ausstellungskatalog Poolhaus, Hamburg

2014

Düngeschlacht über den Fontanellen. Erziehungsversuche an anderen und am Selbst. von Werner Büttner, Verlag Textem, Hamburg

2013

Frindsandloversinunderground. Textem Verlag, Hamburg

2013

Schneisen, 14 Positionen von Künstlerinnen und Künstler. Hyperzineverlag, Hamburg

2012

Edition. Frindsandloversinunderground, Hamburg

2004

Spur 04 the cheap champagne issue, Materialverlag und Revolver Verlag, Hamburg

2004

Sammlung Taubenstrasse. Revolver Verlag, Frankfurt am Main

2002

Ausstellungen Taubenstrasse 13. Sautter und Lackmann Verlag, Berlin

Die Arbeiten von Mette Thiessen könnte man als eine Art Aufführung beschreiben.

Es ist wie ein Bühnenbild, welches gleichzeitig wirklichkeitsnah und traumhaft erscheint. Unter anderem treten wohlbekannte Dinge aus dem Alltag hervor, so wie zum Beispiel schon benutzte Teebeutel oder Kassenzettel von den Einkäufen im Supermarkt, die, verändert und anders verarbeitet, zu neuer Gestalt geworden sind. Etwas, das wir auch aus unseren Traumerfahrungen kennen. Es scheint, als ob die Werke die undichten Grenzen zwischen Aufnehmen und Ausscheiden der Wirklichkeit untersuchen. Kurz gesagt, der oszillierende Prozess, den jeder Mensch Tag und Nacht durchlebt.


Die Arbeiten bestehen überwiegend aus Papierarbeiten, die direkt auf der Wand, auf dem Boden oder frei schwebend in der Luft installiert worden sind. Papier ist ein zerbrechliches Material und dieses wird durch die schutzlose Präsentation der Werke unterstrichen. Gleichzeitig treten sie mit einer eigenartigen Stärke hervor. Vielleicht weil das Fragile Platz bekommt und ganz konkret den Raum einnimmt. Ein Jahresverbrauch von Teebeuteln ist umgewandelt in ein Objekt, das ein Kleid darstellt. Das hängt als eine Art Kostüm am Haken. Die Oberfläche erinnert an zerrissene Haut. Beim näheren Hingucken erscheint ein Netz von zellartigen oder gefäßähnlichen Strukturen. Der Tee und die organischen Zersetzungsprozesse haben die Beutel gelblich und bräunlich gefärbt.


Mehrere der Materialien der Ausstellung sind wiederverwendete Dinge des Alltags mit Gebrauchsspuren, die ihre vormalige Funktion eingebüßt haben und dann zu anderem transformiert wurden. Überflüssiges Eisen ist beispielsweise mit feinen Fäden umwickelt und ähnelt einem Kokon. Bestimmte Insekten verwandeln sich über das Larvenstadium zum vollentwickelten Lebewesen. Dieser Übergang findet in der Puppe statt, doch früher oder später muss der Schutz durchbrochen werden. Mit der Destruktion der Puppe vollendet sich ein solcher Entwicklungsprozess. In der Natur kann man beobachten, wie Metamorphose und Zerfall Voraussetzung für neues Leben sind. In unseren Breiten verlieren die Bäume im Herbst ihre Blätter, entblößt stehen sie in der Landschaft bis das Licht des Frühlings zurückkehrt. Der Winterschlaf wird in der Ausstellung durch eine Bleistiftzeichnung in Graustufen mit nackten Bäumen in einer leeren Landschaft dargestellt.


Beim Aufwachen in unserer neuen Landschaft wird eine andere, mehr abstrakte Landschaftsdarstellung genannt, die offensichtlich den Zustand nach einer positiven Verwandlung beschreibt. Die Farbfelder in Grün- und Blautönen erinnern an eine Kulturlandschaft von oben gesehen oder eine Art von Geländeaufnahme. Metaphorisch wird die Landschaft als ein Bild einer inneren Wirklichkeit dargestellt. Es sind mentale Landschaften und gleichermaßen im übertragenen Sinne deren Geländeaufnahmen. Die Kartografie ist dafür gemacht, den Überblick von einer Landschaft und die Möglichkeit zu geben, uns in dieser zu orientieren und zu navigieren, indem diese abstrahiert sowie maßstabsgetreu dargestellt wird. Etwas ähnliches hat auf der großen Collage von den über Monate gesammelten und bemalten Kassenzetteln der Künstlerin stattgefunden.


Die Landschaft des Lebensbedarfs wird also kartografiert, mit einem humoristischen und existenziellen Twist. Die Kassenzettel zeigen genau, was durch den Haushalt und Körper der Künstlerin zwischen Oktober 2015 und Oktober 2016 gelaufen ist. Das Format entspricht einigermaßen ihrem körperliche Radius, d.h. wie weit die Arme und Beine ausgestreckt reichen. Die vorliegende Karte ist demnach eine Art Selbstportrait, welches trotz einer Menge von Informationen sich doch abstrakt zum Motiv verhält. Das Kleid aus gebrauchten Teebeuteln kann in dieser Hinsicht ebenso als mögliches Selbstportrait charakterisiert werden, genau so langsam über die Zeit entstanden wie jene Collage. Wenn das Wasser durch die Membran des dünnen Papiers drängt, wird Geschmack und Farbe der Teeblätter herausgezogen. Der Prozess wird deutlich sichtbar und der konkrete dokumentarische Inhalt der Teebeutel verwandelt sich im Werk zu einem alltäglichen Symbol der Bewegung zwischen Innen und Außen, welches in der Ausstellung ein Leitmotiv ist.


Es gibt aber auch Figuren in der so genannten Aufführung. Das körpergroße Triptychon hängt frei schwebend im Raum und wirkt transparent. Auf dem Bild in der Mitte ist die Figur frontal und stillstehend dargestellt. Der Körper ist ein Tuch eingehüllt, das einer Haut ähnelt. Die Handflächen zeigen nach oben in einer Pose des Empfangen und der Blick trifft den Betrachter. In dem zweiten Bild sind die Hände auf der Brust platziert, die Augen sind geschlossen und der Ausdruck des Gesichts ist hingerissen in Tanz oder Schlaf. Auf dem dritten Bild sieht es aus, als ob die hautähnliche Hülle weggeworfen wird und die Figur dabei ist zu verschwinden.


Bestimmte Tierarten häuten sich. Außerdem ist Häutung, verstanden als die Fähigkeit einer Person zur Verwandlung durch Ekstase oder Schlaf, eine verbreitete Vorstellung in der Mythologie und im Volksglauben. Aber auch C.G.Jung, der Entwickler der Tiefenpsychologie, arbeitete mit der Hypothese, dass die Entwicklung und das Verhalten des Individuums unter Einfluss unbewusster Kräfte steht. So meinte er, dass bestimmte Tiere als Repräsentanten verschiedener unbewusster Stadien in der psychischen Entwicklung angesehen werden könnten und dass die entsprechenden Symbole die gleichen in jeder Kultur wären, mit anderen Worten ganz ursprüngliche menschliche Symbole. Das Verständnis dieser Symbole und der Theorie von Jung scheinen auch eine Rolle in den Arbeiten zu spielen. Auf jeden Fall erscheint diese als ein ähnlicher Versuch die Wirklichkeit, die wir wahrnehmen, zu verstehen.


Gitte Broeng Kristensen über die Ausstellung Swing By im Poolhaus 2018